Ergebnisse der digitalen Fachtagung „Sprachliche Kommunikation in deutsch-polnischen Städtepartnerschaften“ vom 17./18.6.21

 

  • Sprache schafft und definiert soziale Beziehungen. Sie ist der Träger kultureller Informationen und gleichzeitig kulturelles Gedächtnis.
  • Die Idee der Städtepartnerschaften stellt das Thema Sprachen bewusst nicht in den Mittelpunkt, es geht vielmehr um praktische Verständigung über die Sprachgrenzen hinweg. Entsprechend stand der sprachliche Austausch zwischen den Partnern in den deutsch-polnischen Städtepartnerschaften bislang nicht im Fokus. Da die Sprachmittlung zum großen Teil von professionellen DolmetscherInnen oder von TeilnehmerInnen mit Sprachkenntnissen erfolgreich wahrgenommen wurde, sahen viele OrganisatorInnen der Städtepartnerschaften keinen Handlungsbedarf. Hier ist ein Umdenken zu mehr sprachlicher Eigenständigkeit sinnvoll und hilfreich, will man die Rolle der Partnersprachen stärken und junge Menschen effektiver ansprechen.
  • Die Staaten Europas werden mehrsprachig. Dies gilt auch für Deutschland und Polen. Diese Entwicklung bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die sprachliche Verständigung bei Städtepartnerschaften. Hier ist ein neues Bewusstsein für den Einsatz von Sprache zu entwickeln. HerkunftssprachlerInnen spielen dabei eine wichtige Rolle.
  • Um junge Menschen für Städtepartnerschaften zu gewinnen, muss stärker die Begegnung mit der authentischen Kultur der Partner und ihrer Sprache in den Mittelpunkt treten. Nur dadurch können sich Netzwerke entwickeln, die über die organisierten Besuche hinausgehen.
  • Städtepartnerschaften können durch die Vermittlung der jeweiligen Partnersprache an Tiefe gewinnen. Dabei sind die Lernziele den Möglichkeiten der TeilnehmerInnen anzupassen und neue Vermittlungskonzepte und Materialien zu entwickeln. Auch Teilkompetenzen in der Partnersprache sind mehr denn je erstrebenswert.
  • Eine stärkere Berücksichtigung der Sprachen und speziell der polnischen Sprache in deutsch-polnischen Städtepartnerschaften ist dank neuer sprachdidaktischer Konzepte und Auffassungen, die den autonomen Sprachenlerner stärker in den Mittelpunkt stellen, ohne ein überforderndes Engagement möglich.
  • Bei der Kommunikation mit den Partnern soll darauf geachtet werden, dass sowohl das Deutsche als auch das Polnische ausreichend Beachtung erfahren. Dies kann auf vielfältige Art, auch stufenweise, geschehen:
    • Die Akteure können zunächst die Namen der Partner, der Städte des Partnerlandes und ggf. der Partnerinstitutionen richtig aussprechen.
    • Die GesprächsteilnehmerInnen nutzen Gesprächsformeln der jeweils anderen Sprache, um die soziale Distanz zu verringern.
    • Jede(r) spricht die eigene Sprache und versteht die Sprache des/der Anderen.
    • Englisch wird als Lingua Franca benutzt, sofern die Partnersprachkenntnisse nicht ausreichen, die bereits bekannten Wörter der jeweiligen Partnersprache werden in das Englische „eingebaut“.
    • Die Kommunikationsteilnehmer praktizieren Code-Switching, wo immer nötig und möglich.
    • Maschinelle Translationshilfen werden bewusst als Teil des eigenen sprachlichen Handelns wahrgenommen und eingebaut.
  • Neue Vermittlungsformen wie Sprachanimation, Tandemlernen, digitales Lernen und Immersion sind dabei einzusetzen.
  • Dies geschieht unter Beachtung der life-span-didaktischen Prinzipien (Berücksichtigung der Spezifik älterer Lernender).
  • Bei fachspezifischen Begegnungen werden Fachbegriffe in beiden Sprachen eingebracht.
  • TeilnehmerInnen mit entsprechenden Sprachkenntnissen sollen
    Werkzeuge zum Dolmetschen und Übersetzen an die Hand bekommen. Entsprechende Schulungsmaßnahmen sollen dafür angeboten werden.
  • Die Arbeit der DolmetscherInnen sollte nicht als Selbstverständlichkeit hingenommen, sondern entsprechend wertgeschätzt werden. Sie sollte auch entsprechend vergütet werden.
  • OrganisatorInnen von Städtepartnerschaften müssen sich aktiv um die Beteiligung von SprecherInnen der Herkunftsprache Polnisch bemühen. Sie müssen allerdings darauf achten, dass diese nicht als kostenfreie DolmetscherInnen eingesetzt werden. In einer Bedarfsanalyse müssen die Interessen dieses prospektiven TeilnehmerInnenkreises abgeklärt werden.
  • Die Sprachmittler- und Sprachanimateur-Rolle herkunftssprachiger SchülerInnen kann bereits in der Schule gewürdigt werden, indem im Nachmittagsbereich entsprechende Schulungen angeboten werden. Akteure der Städtepartnerschaften können dafür bei Schulen werben.
  • Der deutsch-polnische Grenzraum ist ein ideales Laboratorium für die deutsch-polnische Kommunikation und das Lernen der Nachbarsprache: vom bilingualen Aufwachsen in der Familie und lebensweltlichen Sprachkontakt über bilinguale Kindergärten und Schulklassen bis zur Hochschule. Die Erfahrungen, die in der Grenzregion gemacht werden, können als Bereicherung in die Gestaltung der Städtepartnerschaften eingebracht werden.
  • Ein Monitoring bestehender Initiativen zu dt.-poln. Städtepartnerschaften wie jene des Deutsch-Polnischen Jugendwerks (DPJW) mit Jugendbegegnungen unter sprachlichem Aspekt wird Anhaltspunkte zur Stärkung der Partnerschaften hervorbringen.
  • KoKoPol wird die Frage der Partnersprachen beim Austausch zwischen Deutschen und Polen insbesondere mit Blick auf Polnisch als Herkunftssprache weiter thematisieren und vertiefen. Wir sind daher sehr an Ergänzungen und Stellungnahmen zu den obigen Punkten interessiert.